HR-Xpertentalk mit Ekkehard Piepenbrock
hrXperts: Herr Piepenbrock, Sie sind seit über 25 Jahren im infrastrukturellen Facility Management tätig. Ihr Name ist in der Branche Programm. Wie bewerten Sie derzeit die Auftragslage in der Dienstleistungsbranche?
Ekkehard Piepenbrock: Dies ist mit Sicherheit eine Frage der Perspektive. Was man zurzeit wahrnehmen kann, ist dass gerade die großen Unternehmen verstärkt Auftragsverluste zu verzeichnen haben und die mittelständischen und kleineren Unternehmen zumeist Auftragszugänge. Diese Aufträge sind aus den regionalen Märkten und von den mittelständigen und kleineren Unternehmen. Im Großen und Ganzen ist die Auftragslage als gut zu bezeichnen, wobei sicher bei Weitem noch nicht auf einen für alle Bereiche zufriedenstellenden Niveau. Grund hierfür sind Corona bedingte Erweiterungen von Aufträgen, die Kehrseite ist aber auch genauso viele, wenn nicht sogar mehr Reduzierungen, bzw. ein kompletter Wegfall von Leistungen, bzw. Aufträgen.
hrXperts: Konkurrenten am Markt mussten zuletzt große Kundenverluste hinnehmen- worauf führen Sie diese zurück?
Ekkehard Piepenbrock: Die meisten Unternehmen, die größere Auftragsverluste hinnehmen müssen, sind überwiegend mit sich selbst beschäftigt und kümmern sich absolut zu wenig um ihre Kunden. Dies hat unterschiedliche Gründe: Zum einen fehlen vielen Unternehmen eine klar formulierte Strategie, die durchgängig kommuniziert ist und zum anderen gehen vielen Unternehmen der handwerkliche Ansatz verloren. Es wird nur noch vom Facility Management gesprochen, ob technisch oder infrastrukturell, und dabei wird vergessen, dass hinter den meisten Bereichen ein handwerklicher Beruf steht, ob Elektriker, Sanitär- Gas-, Wasserinstallateur, Koch oder Gebäudereiniger. Fachliche Qualifikationen treten hier zunehmend in den Hintergrund. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass hinter den meisten Leistungen ein Mensch seht, der motiviert und geführt werden will. Besonders häufig wird von den Kunden der Grund genannt, dass eine mangelnde Betreuung zum Dienstleisterwechsel geführt hat. Häufig gepaart mit schlechten Leistungen, jedoch deutlich übertroffen von Personalmangel und hoher Personalfluktuation.
hrXperts: Wie sehen Sie die Zukunft der Dienstleistungsbranche? Welche Problemstellungen werden zukünftig zu bewältigen sein?
Ekkehard Piepenbrock: Die wichtigste Zukunftslösung wird sein, Personal für die vorhandenen Aufträge zur Verfügung zu haben. Dem Unternehmen, dem es gelingt Mitarbeiter an sich zu binden und für ständigen Nachwuchs zu sorgen, dem steht eine „rosige Zukunft“ bevor. Hierbei dürfen die vielen Versprechungen, die heute schon gemacht werden, keine Lippenbekenntnisse sein, sondern wahrnehmbare Einlösungen von Versprechen. Klare Strukturen, flache Hierarchien und transparente, erreichbare und klar formulierte Ziele werden wesentliche Eckpfeiler zukünftige Erfolgsgeschichten sein. Der „alte Preiskampf“ und dem Motto: billiger geht immer oder „Geiz ist geil“ wird einem neuen Service- und Qualitätsbewusstsein weichen, vor Allem aber, welches Unternehmen hat glaubwürdig die notwendigen Mitarbeiter-Ressourcen?
hrXperts: Vor welche Herausforderungen werden Unternehmen zukünftig durch die voranschreitende Digitalisierung gestellt? Was können Unternehmen tun/ Was tun Sie, um den Anschluss nicht zu verlieren?
Ekkehard Piepenbrock: Auch an diesem Punkt steht der Mitarbeiter im Mittelpunkt. Was hilft es einem Unternehmen, wenn es die tollsten Digitalisierungsprojekt in einem Unternehmen gibt, aber die Mitarbeiter nicht mitziehen. Hier kommt es darauf an, die Mitarbeiter von Anfang an mitzunehmen und Ihnen zu erklären, warum es wichtig ist und was die Ziele hinter den einzelnen Projekten ist. Viele Mitarbeiter sehen solche Projekte als Einsparungsmaßnahmen und sehen Arbeitsplätze in Gefahr. Besonders gefährlich, wenn Sie ihren eigenen Arbeitsplatz als gefährdet ansehen.
Selbstverständlich sind digitale Workflows aus der heutigen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken und müssen weiter ausgebaut werden. Diese sollten auf jeden Fall zu weiteren Verbesserungen von validen Dokumentationen und den weiteren Abbau von Bürokratie führen. Den Unternehmen, den es nachhaltig gelingt Entscheidungsfreude und Geschwindigkeit zu erhöhen werden die positiven Effekte der Digitalisierung mitnehmen können, denn es wird auch weiter gelten, dass die schlechteste Entscheidung, die nicht getroffene Entscheidung ist und nicht die Großen die kleinen fressen, sondern die Schnellen die Langsamen.
hrXperts: Ist in Ihrer Tätigkeit ein Fachkräftemangel spürbar und wie kann diesem entgegengewirkt werden?
Ekkehard Piepenbrock: Der Fachkräfte Mangel ist an jeder Stelle spürbar, ist jedoch regional auch völlig unterschiedlich. Jedes Unternehmen muss hierbei seinen eigenen Weg finden, diesem Mangel entgegenzuwirken. Die Unternehmen, die bereit sind sich auf den unterschiedlichen Hierarchieebenen Fachwissen einzukaufen und auch qualifikationsgerecht zu entlohnen, haben den ersten Schritt bereits getan. Dann gilt es das vorhandene Fachwissen weiter auszubauen und zu multiplizieren. Dafür wird es erforderlich sein Schulungspläne und Entwicklungsstufen mit jedem einzelnen Mitarbeiter zu vereinbaren und auch konsequent zu verfolgen. Die Bedeutung von HR-Abteilungen wird mit Sicherheit eine neue Bedeutung bei den meisten Unternehmen bekommen. Sie werden zunehmend zu Talent-Managern werden, als zu Abrechnungs- und Recruitingabteilungen. Auch sollte den Mitarbeitern an unterschiedlichen Stellen entsprechende Wertschätzung entgegengebracht werden. Ein gutes Beispiel dafür sind zum Beispiel Fuhrparkrichtlinien, die einer reinen Kostenoptimierung dienen. Diese sollten solchen, denen die einer Mitarbeiterbindung dienen, weichen. Sicher ist damit nicht: wünsch dir was gemeint.
hrXperts: Das weltweite Pandemiegeschehen ist für viele Unternehmen ein Anstoß, Routinen zu hinterfragen – welche Geschäftspraktiken könnten sich langfristig etablieren? Vor welche Herausforderungen wurde Ihr Unternehmen durch die Pandemie gestellt und wie sind Sie diesen begegnet?
Ekkehard Piepenbrock: Auch das Pandemiegeschehen hat positive Seiten und das gilt nicht nur für „Berufsoptimisten“. So hat es vielen Vorgesetzten gezeigt, die immer gegen Home-Office Regelungen waren, dass es durchaus auch zu Produktivitäts- und Kreativitätssteigerungen geführt hat. Natürlich gibt es die, die diese neue Situation ausschließlich für sich genutzt haben und weniger dem Unternehmen gedient haben, aber dies ist doch eine klare Minderheit. Mit Sicherheit wird dieses Thema bei der Mitarbeiterbindung und der Mitarbeiterrekrutierung zukünftig eine wichtige Rolle spielen.
Auch ist das Meeting Verhalten ein ganz anders geworden. Lange Anreisen und Staugeschehen auf deutschen Autobahnen gehören weitestgehend für viele der Vergangenheit an. Videokonferenzen werden aus den Geschäftspraktiken nicht mehr verschwinden und sind fest etabliert.
Das Fazit für eine Personal intensive Branche, wie die des Facility Management sollte sein: wie binde ich die Mitarbeiter an das Unternehmen, wie entwickelt man seinen eigenen Nachwuchskräfte und wie gelingt es Fachkräfte auszubilden und ihnen Zukunftsperspektiven aufzuzeigen, damit sie langfristig die Zukunft des Unternehmens mitgestalten. Aus zufrieden und motivierten Mitarbeitern resultieren zufriedene Kunden und und eine hohe Dienstleistungsqualität.
Ekkehard Piepenbrock geboren 1971, verheiratet 2 Töchter 17 & 16 Jahre. Seit über 25 Jahren im infrastrukturellen Facility Management tätig. Geschäftsführer im Mittelstand, ehemals als Dachgeschäftsführer in einem deutschen Konzern, sowie als Unternehmensberater für Dienstleistungsunternehmen, sowie deren Endkunden. Expertise in den Bereichen Vertrieb & Strategien, sowie Organisationsaufbau und Digitalisierung. Branchenerfahrung in den Bereichen Healthcare, Automotive, Lebensmittelindustrie und Handel. Besondere Leidenschaft für die Mitarbeiterentwicklung und Nachwuschskräfteförderung.